SONDERLAGE 4 / 5 feat. backbonebooks

Kunst und Kultur als gesellschaftliches Rückgrat

Die Ausstellungsreihe SONDERLAGE eröffnet mit backbonebooks das vierte und vorletzte von fünf Kapiteln. Die Künstlerin und Verlegerin Claudia de la Torre weist auf die drei Initialen ihrer verlegerischen Unternehmung hin, die drei B’s formen sich untereinander abgebildet zu einer Art Wirbelsäule. Es benötigt sowohl Rückgrat, um die im letzten Jahr geplanten Termine und Zusagen einzuhalten, als auch Kreativität zur Umsetzung selbiger. Für diejenigen, die wissen, wie tröstlich es sein kann sich mit Kunst in den eigenen vier Wänden zu umgeben, bietet SONDERLAGE die Gelegenheit, künstlerische Editionen zu günstigen Konditionen zu erwerben.

SONDERLAGE ist als fünfteilige Ausstellungsreihe konzipiert und präsentiert in jedem Teil drei Künstler:innen zusammen mit einem unabhängigen, kunst bezogenen Verlag. SONDERLAGE möchte damit auf die sich stetig ändernden Bedingungen der Kunstproduktion und die Dringlichkeit hinweisen, neue Formen der Vermittlung, des Vertriebs und des Ausstellungsmachens zu finden. Daher schlagen die Ausstellungsmacher:innen neben dem physischen Ausstellungsraum, der seit Ausstellungsbeginn hauptsächlich durch das Schaufenster zu sehen ist, auch dreidimensionale digitale Präsentationen vor. Zudem sind für die Ausstellungsreihe eigens limitierte künstlerische Editionen entstanden, die während der Laufzeit der Ausstellung zu vergünstigten Konditionen angeboten werden. Für den vierten Teil SONDERLAGE 4/5 wird eine Werkauswahl der Künstlerinnen Ce Jian, Marta Djourina und Claudia de la Torre gezeigt, mit dem Fokus auf backbonebooks.

Marta Djourina

Die Künstlerin setzt sich in ihren Fotogrammen, einer analogen, zumeist kameralosen Fototechnik, mit Licht in seinen verschiedenen Dimensionen auseinander. Sie untersucht dabei, wie sich die verschiedenen Faktoren Zeit, Raum und Zufall auf den künstlerischen Schaffensprozess auswirken. Ein Charakteristikum ihrer Arbeitsweise ist die Faltung des Fotopapieres und Blindzeichnungen mit Licht. Die Künstlerin verbindet in experimenteller Anordnung Alltagsgegenstände oder gefaltete Objekte, Papier und Licht miteinander und verwendet diese anstatt gängiger Filmnegative als eine Art Filter. Alle ihre Arbeiten sind Unikate. Die derart entstandenen Werke nennt sie Filtergramme. Es entstehen einzigartige, abstrakte und malerische Bilder, die auch den flüchtigen Moment des performativen Akts in Form behutsamer Erzählebenen festhalten. Marta Djourina (* 1991, Sofia/BG) absolvierte zunächst ihren Bachelor und Master in Kunst- und Bildgeschichte/ Kulturwissenschaften an der HU Berlin (2012), gefolgt von einem Master in Kunstwissenschaft und Technologie an der TU Berlin (2014). Anschließend studierte sie Kunst an der UdK Berlin bei den Professoren Pia Fries, Gregory Cumins und Christine Streuli (Abschluss 2018). Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien wie das Eberhard-Roters-Stipendium (2020), das DAAD-Abschlussstipendium (2018), das Karl-Hofer-Projektstipendium (2017), den IBB-Preis für Fotografie (2016). Ihre ersten Einzel- und Gruppenausstellungen präsentierte sie im Goethe Institut Sofia, Bulgarien (2019), CAN Neuchatel (2019), Christine König, Wien, A (2018), Dorothea Konwiarz Stiftung, Berlin und Künstlerhaus Bethanien, Berlin (2017). Im September 2021 wird Marta Djourina anlässlich der Verleihung des Eberhard-Roters-Stipendiums für junge Kunst 2020 in der Berlinischen Galerie ausstellen.

Ce Jian

Zeitgleich in Berlin (LAGE EGAL) und in Beijing (WHITE SPACE) werden ihre Werke gezeigt, die sich auf Walter Benjamins unvollendetes Passagen-Werk beziehen. Dieses beschreibt die an Einzelhandelsketten verbundene Kultur des Flanierens und Konsumierens. Gerade in den weltweit aussterbenden Innenstädten erhält Benjamin’s Werk brisante Aktualität, und dient der Künstlerin als Fundgrube an Ideen zu Konsumkultur und deren Vergänglichkeit. Während die Künstlerin in der Beijinger White Space Galerie der Frage nach der Architektur von klassischen Konsumtempeln und deren inhärenten Idealen nachgeht, zeigen die in Berlin ausgestellten Werke aus der Serie Debris einen archäologischen Blick aus der Zukunft in unsere unmittelbare Gegenwart. Ein weltweites Phänomen während der Pandemie ist die Zunahme an Verpackungsmaterial - Güter werden geliefert und damit ein vorpandemisches Nachhaltigkeitsstreben schlagartig über den Haufen geworfen. Der Begriff Debris bezieht sich auf zerriebene Plastikpartikel, und in diesen “Trümmern” bildet Ce Jian die Hinterlassenschaften des Anthopozäns ab. Dabei bedient sie sich formal an Ishihara-Tests für Farbblindheit, um Plastikpartikel darin künstlerisch zu übersetzen - und stellt Fragen zum Unterschied virtueller und realer Existenz, oder von Sichtbarkeit und Codierung. Die virtuellen Modelle von Verpackungsmaterialien entsprechen für die Künstlerin einem platonischen Himmel für alles Weggeworfene. Was wird im Rückblick übrig bleiben und welche Bewertungskriterien liegen diesen Bildern im Rückblick aus einer Zukunft zu Grunde?

Ce Jian (* 1984 in Shangdong/VR China, lebt und arbeitet in Berlin) absolvierte 2008 ihr Studium an der Universität der Künste Berlin in der Meisterklasse von Georg Baselitz, Daniel Richter und Robert Lucander. Außerdem studierte sie Kunstgeschichte und Philosophie an der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin (Abschluss M.A., 2009) sowie am Goldsmiths College, London. Von 2012-17 war sie Doktorandin in Kunst- und Bildgeschichte an der HU Berlin und promovierte zum Abstraktionsprinzip des fotorealistischen Malers Chuck Close. Ihre Arbeiten wurden in Einzelausstellungen in Berlin, Peking (White Space), Düsseldorf (Galerie Philine Cremer) und Slowenien gezeigt, sowie in Gruppenausstellungen in Europa und Asien.

Claudia de la Torre

Mit Alpina schafft die Künstlerin für SONDERLAGE orts- und zeitbezogene künstlerische Editionen: Es sind Farbkarten, die auf poetische Weise mit imaginären Bezeichnungen verknüpft werden und ein kognitives Wechselspiel zwischen den Elementen Farbe und Wort hervorrufen. Beim Erwerb einer Karte wird die farbige Fläche von der Künstlerin an einen Ort der Wahl angebracht. Claudia de la Torre gründete 2011 den Verlag backbonebooks und arbeitet damit konsequent in einem flexiblen, konzeptionellen und kollaborativen Prozess, mit dem Ziel, Perspektiven zu öffnen, was eine Publikation alles sein kann. Die in Berlin lebende Künstlerin und Verlegerin Claudia de la Torre (* 1986, Mexiko-Stadt) studierte zunächst Bildende Kunst an der ENPEG 'La Esmeralda in Mexiko-Stadt, und hat einen Masterabschluss der Kunstakademie Karlsruhe, Klasse Silvia Bächli. Als freie bildende Künstlerin begreift sie verlegerisches Publizieren als Teil ihrer künstlerischen Praxis. Sie wurde mit mehreren Stipendien und Förderungen ausgezeichnet, darunter das Shannon Michael Cane Fellowship - Printed Matter NYC (2018). National Fund for the Arts (FONCA), México (2017), Kunststiftung Baden-Württemberg (2016), Frida Kahlo Stipendium für Künstlerinnen DAAD, Deutschland (2016) und das Baden-Württemberg-Stipendium (2016). Ihre Arbeiten sind in verschiedenen Sammlungen vertreten, darunter die Thomas J. Watson im Metropolitan Museum of Art (NYC), der Faber Birren Collection of Books on Color - Yale Library, Joan Flasch Künstlerbuch-Sammlung (School of the Art Institute of Chicago) und das MoMa (NYC). Sie nimmt regelmäßig an Buchmessen und Ausstellungen weltweit teil.

SONDERLAGe

Upcoming

SONDERLAGE 4/5 feat. backbonebooks, 14.05.–05.06. with Claudia de la Torre, Marta Djourina, Ce Jian
SONDERLAGE 5/5 feat. The Green Box, 10.06.–03.07. with Haleh Redjaian, Sophia Pompéry, Marianne Thoermer

Past

SONDERLAGE 1/5 feat. Salon Verlag 10.02.–16.03. with Käthe Kruse, Clara Bahlsen, Ben Greber
SONDERLAGE 2/5 feat. BEUYS ON SALE 18.03. – 10.04. with Gfeller + Hellsgård, Sibylle Jazra, Isa Wittmann
SONDERLAGE 3/5 feat. The Word Company, 15.04.–08.05. with Adib Fricke, Eggert/Ricklefs, Paula Carralero Bierzyñska. Pop-Up Special für ‘Die Balkone’: Irène Hug sowie die Filmpremiere GIOVANNI ANSELMO: PARTICOLARE in Prenzlauer Berg / DIE ENDLICHLEIT DER FREIHEIT BERLIN 1990 von Sarah Alberti und Grischa Meyer


EINGESTELLT – die wöchentlichen Clubhouse Apéros 

In Berlin ist ein Trend schneller vergammelt als eine Bio-Himbeere: So haben wir zwar kein physisches doch ein Erinnerungsarchiv erstellt. Danke an alle Beteiligten, die frei von der Leber erzählt haben. Der Appéro dient als gesellige Zusammenkunft in pandemischen Zeiten und schaffte echte persönliche Verbundenheit in virtuellen Räumen.
Von Januar bis Mai 2021 haben wir wöchentlich zu offenen Gesprächsrunde eingeladen, um über die Themen zu reden, die uns bewegen. Statements, Aphorismen, Zitate, Wortspiele … Wie verändern sich gerade die Paradigmen im Kunstproduzieren und Kunst (-re)präsentieren? Welche Alternativen zum Digitalen gibt es noch zur Kunstvermittlung? Wie verändert sich Öffentlichkeitsarbeit in der Kunst? Und manchmal kam Marcel Proust’s Questionnaire auch zum Einsatz.

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an ungespeicherten Stimmen, Stimmungen und Bestimmungen



LAGE EGAL [GW34/35] Greifswalderstr 34, 10405 Berlin
Termine nur nach Vereinbarung und mit Mund-Nasen-Schutz.
Kontakt: Pierre Granoux
+49 173 1807226
sonderlage@lage-egal.net
www-lage-egal.net
Instagram
@lage__egal
@pierre___granoux

SONDERLAGE
kuratiert von Pierre Granoux (Direktor LAGE EGAL), Wayra Schübel. Unterstützt durch Sarie Nijboer (kuratorische Assistenz) und Michelle Rojkov (Projektassistenz).

Gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR

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Jahresausstellungs- und Vermittlungsprogramm der Kunsthalle Osnabrück

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